Offener Brief an Polizeipräsident Gregor Lange

Sehr geehrter Herr Lange,

wir haben Ihre Pressekonferenz gestern, am 31.05.2016, zu Ihrer Strategie, Gegenproteste zur Nazidemo (sog. „Tag der deutschen Zukunft – TDDZ“) am 4.6. faktisch unmöglich zu machen, verfolgt und haben dazu einige Fragen und Anmerkungen.

Sie verfolgen eine Vernebelungstaktik, indem sie Anwohnerinformationen zu Einschränkungen während der Demonstration auch in die Stadtgebiete verteilen lassen, die gar nicht von der Demonstration betroffen sind. Dies tun Sie, um die Demoroute zu verschleiern und die Organisation von Gegendemonstrationen zu be- und verhindern. Dabei geht, laut Ihrer Pressekonferenz die Gefahr von den Protestierenden aus. Von den Rechtsextremen sehen sie allerdings keine ausgehende Gefahr, obwohl sie z.B. auch mit Feuerwerkskörper werfen und dabei auch schon Menschen verletzt haben. Ich erinnere Sie an 2013, wo auch Lokalpolitiker/innen verletzt wurden.

Sie verunsichern einen großen Teil der Dortmunder Bürger und Bürgerinnen, die nun tagelang befürchten, am Samstag  ihr Wohngebiet nicht betreten oder verlassen zu können. Wir nennen Ihnen mal zwei Beispiele, die uns gestern in der Innenstadt an einem Infostand von Betroffenen berichtet wurden. So kam es nämlich dazu, dass eine ältere Anwohnerin bei hermetischer Abriegelung eines Wohngebietes in Körne durch die Polizei nicht in ihre Wohnung gelassen wurde und sie Stunden draußen stehen durfte. Oder eine Mutter mit ihrem Kleinkind die ihre Wohnung zwei Häuser weiter hinter einer Polizeiabsperrung nicht betreten konnte, weil die Polizisten die Mutter mit dem Kind lieber stundenlang in der prallen Sonne stehen ließen, statt sie durch zu lassen. Obwohl sie mehrfach darum gebeten hat.

All diese Anwohner der betroffenen Gebiete, auch der Orte, indem es gar keine Demonstration gibt, befürchten nun, dass ihnen dies ähnlich wieder passiert. Dass sie am Samstag ihre Wohnung verlassen und damit rechnen müssen sie erst viele Stunden später wieder betreten zu können. Dass sie ihre Einkäufe und sonstigen Erledigungen nicht tätigen können. Dass sie schlicht entmündigt werden, weil die Polizei, die das Wohngebiet abriegelt, ihre Bewegungsfreiheit einschränkt.

Weiterhin versuchen Sie die Spiegelwürfel-Aktion des Schauspiel-Dortmund zu behindern, indem Ihre Behörde Druck auf die Teilnehmer ausübt. So kommt es also, dass sie die Schulleiter der teilnehmenden Schulen zu einem eigens anberaumten Termin einbestellen um höchstwahrscheinlich die Motivation zu brechen, daran teilzunehmen. Auch haben Sie sich nicht dazu geäußert, wie Sie denn nun vorgehen wollen, sollte es tatsächlich zu den Spiegelblockaden kommen.

Sie haben ebenfalls angekündigt, die Gegenprotestanten nicht schützen zu wollen. Ob damit nun der Schutz vor den demonstrierenden Neonazis oder vor übergriffigen Polizisten gemeint war oder beides, haben Sie bewusst offen gelassen. Die Gegendemonstranten haben aber Anspruch auf denselben Schutz, den die demonstrierenden Neonazis bei Ihnen genießen (Art 8 GG).

Wir sind mehrfach Zeuge geworden, wie Sie die Bevölkerung und Bündnisse gegen Rechts ausdrücklich und persönlich dazu ermuntern, Widerstand gegen Rechtsextremismus zu leisten. Laut ihrer Pressekonferenz stehen nun alle Gegendemonstranten unter „Linksextremismus-Verdacht“ und es ist wohl damit zu rechnen, dass die Polizei undifferenziert gewaltsam gegen alle Proteste in der Nähe der Nazidemo vorgehen wird. So wie es schon häufiger vorgekommen ist.

Mit welcher rechtlichen Handhabe rufen sie also den Ausnahmezustand über eine ganze Stadt aus und warum benennen Sie ihn nicht auch so? Wenn Sie die Sicherheit der Anwohner und Demonstrierenden nicht garantieren können, sollte es vielleicht eine Überlegung wert sein, ob die Nazidemo überhaupt in Dortmund stattfinden kann.

Wir fordern Sie auf, die Route der rechtsextremen Demonstration öffentlich zu machen und die legitimen Proteste in Hör- und Sichtweite zuzulassen.

Mit freundlichen Grüßen,

Olaf Schlösser

Vorsitzender Die PARTEI Kreisverband Dortmund.

5 Comments on “Offener Brief an Polizeipräsident Gregor Lange

  1. Das jemand von einer „Spasspartei“ sowas schreiben muss, das sagt schon echt viel. Chapeau „Die Partei“

  2. Ich finde es bedenklich, wie DIE PARTEI hier versucht Politik zu machen, etwas wovon sie doch versprochen hat sich fern zu halten, weil es für „die Versager dort oben“ sei. Eine solche Protestnote grenzt an eine sinnvolle Aktion, etwas wovon die PARTEI sich besser schnell wieder distanzieren würde und es z.B. den Jusos, die für solche Protestnoten bezahlt werden, wenn man der CDU glauben darf, überlassen sollte.

    • Dem schließe ich mich uneingeschränkt an. Wo kommen wir hin? Ich habe die PARTEI nicht gewählt, um dieselbe traurige Nummer wie von den Einheitsparteien zu sehen.

    • „Ich finde es bedenklich, wie DIE PARTEI hier versucht Politik zu machen…“
      Eine Partei die Politik macht, sowas kennt man in Deutschland gar nicht.

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